Glücklichsein: Wir können noch sehr viel besser darin werden
Gemäß einer Umfrage, welche Nationen die höchste Lebensqualität hat, liegt weltweit Irland auf Platz 1. Gefolgt von der Schweiz, Norwegen, Luxemburg und Schweden. Deutschland liegt auf Platz 26 – knapp vor Slowenien. Und das obwohl Deutschland zu den 10 erfolgreichsten und wohlhabendsten Nationen der Welt gehören, das eines der besten sozialen Absicherungssysteme in der Welt besitzt.
Wenn es nur um Glücklichsein geht, dann liegt Nigeria weltweit an erster Stelle. Gefolgt von Mexico und Venezuela. In Europa führt diese Rangliste Holland und Dänemark an. Gefolgt von Irland, Großbritannien, Frankreich und Norwegen.
Und wo liegt Deutschland hier? Wir liegen ganz weit hinten. In dieser Rangliste gibt es weltweit nur 4 Nationen die noch hinter uns liegen. Und das sind Italien, China, Russland und Rumänien. Selbst Länder wie Indien, Iran, Pakistan und Zimbabwe liegen noch vor uns.
Soweit die Fakten.
Glücklichsein interessiert immer mehr Menschen (Das Glück zählen)
Wir alle wollen glücklich sein. Es scheint ein ganz natürliches und höchst menschliches Verlagen zu sein. Vielleicht ist es sogar Teil unserer DNA. Da wir es aber eben nicht immer sind, kaufen wir Bücher zu diesem Thema und suchen nach „schnellen“ Wegen, um „glücklich zu sein“. Wir wollen glücklich sein.
Menschen in Deutschland beschreiben sich eher als „mir geht es gut und ich bin zufrieden“ mit meinem Leben. Sie sind aber nicht glücklicher als vor 5 Jahren. Unser hoher (guter) Lebensstandard (Wohlstand, soziale- und Altersabsicherung) scheint nicht gleich automatisch für jeden von uns zu einer Verbesserung des eigenen „Glücksgefühls“ geführt zu haben.
Warum?
Eine wichtige Erklärung ist eine kulturelle. Wir in Deutschland haben unsere ganz eigene Vorstellung von „Glücklichsein“. Viele haben gelernt, das „Glücklichsein“ nicht so erstrebenswert ist wie z.B. Zuverlässigkeit oder materieller Erfolg.
Ein weiterer Grund ist, das wir, wenn es um glücklich sein geht, sehr anspruchsvolle „WENN-DANN“ Beziehungen aufgebaut haben. Wir denken, erst wenn X oder Y eingetreten ist, darf ich glücklich sein. Z.B. erst wenn ich 1 Mio. Euro im Jahr verdiene, kann ich wirklich glücklich sein. Vieler dieser Wenn-Dann Beziehungen, die wir Lauf der Zeit für uns etabliert haben, sind ganz einfach nicht zu erreichen.
Es gibt viele schnelle „Glückskicks“
Ja, wir können uns schnell, z.B. mit Hilfe von Drogen, Alkohol oder Nahrungsmittel (Schokolade) in einen „glücklichen“ Zustand bringen. Solche sehr kurzen Glücksgefühle können wir alle sicherlich immer wieder kreieren. Aber das ist für mich langfristig nicht die beste Lösung. Deshalb ist das für mich keine Strategie die ich weiter ausbauen möchte.
Wir wissen heute sehr viel mehr über Glücklichsein.
Glücklich sein ist enorm wichtig für mich. Ich möchte es täglich, ohne belastende Nebenwirkungen und so lange es nur geht, erfahren und wahrnehmen. Es gibt heute sehr viele gute Hinweise. Denn Glück wurde in den letzten Jahrzehnten von Psychologen (Glücksforschung ist Teil der Psychologie) und Gehirnforschern sehr systematisch vermessen und analysiert.
Es hat sehr viel mit unserem Gehirn und ganz bestimmten Botenstoffen zu tun. Im menschlichen Gehirn gibt es ein Zentrum für positive Gedanken und Gefühle, ein Glücksareal, das man tatsächlich messen kann.
Wichtige Erkenntnis wie zum Beispiel, dass:
- Geld durchaus sehr wichtig für unser Glücksgefühl ist, es aber ab einem bestimmten Einkommen zu keiner zusätzlich Steigerung unseres Glücksgefühls mehr führt
- Gesundheit und Liebe enorm wichtig für unser Glücksgefühl ist
- uns ein und dieselbe Sache glücklich und dann aber auch wieder enorm unglücklich machen kann – also beides (z.B. unsere Kinder oder unser Beruf)
- dieses Gefühl von glücklich sein (ebenso wie unglücklich sein) nie sehr lange anhält. Also nicht besonders stabil und nur sehr sehr schwer zu halten ist.
- gute soziale Bindungen, einer der wichtigsten Schlüssel zum Glück sind
Fast jede Woche lese ich irgendwo in einer Zeitschrift oder einem Magazin etwas über die besten Tipps um glücklich zu sein. Die Tipps und Empfehlungen nehmen zu, und damit auch der Druck endlich einen Weg zu finden, um beständiger und nachhaltiger glücklich zu sein.
Wie immer kann jedoch so ein komplexes und weiches Thema einen aber auch extrem verunsichern. Was kann man letztendlich wirklich tun? Was funktioniert in der Praxis wirklich? Lassen Sie mich Ihnen meine Strategie und ein paar einfache Vorgehensweise zum Thema glücklich sein vorstellen.
Glücklichsein passiert vor allem indirekt
Beim Glücklichsein passiert etwas sehr interessantes. Wenn wir uns bewusst mit „glücklich sein“ beschäftigen, es also bewusst verfolgen, dann werden wir es in der Regel nicht finden oder wahrnehmen. Wenn wir uns dann aber mit etwas Anderem beschäftigen, entsteht dabei oftmals ganz automatisch und nebenbei ein Glücksgefühl. Doch wenn wir jetzt versuchen dieses Gefühl von glücklich sein fest halten zu wollen, dann entgleitet es uns in der Regel wieder.
Glücklichsein ist wie eine Katze
Sie können einer Katze nicht „befehlen“ zu einem zu kommen. Sie kommt meisten dann zu einem, wenn wir irgendetwas tun – wenn wir gar nicht damit rechnen. Wenn wir z.B. entspannt etwas lesen. Auf einmal ist sie da. Und wenn wir jetzt versuchen sollten sie festzuhalten, dann rennt sie gleich wieder weg.
Der Trick ist also sich auf die Dinge in unserem Leben zu fokussieren, die bei uns das Gefühl von glücklich sein „automatisch“ aktivieren.
Das Glücksgefühl indirekt aktivieren
In meiner Erfahrung sind es 5 Dinge, die jedem von uns helfen können, unser Glücksgefühl indirekt zu fördern.
#1: Wenn ich einfach nur ich selbst sein will
Ich also damit aufhöre eine andere Person sein zu wollen. Wenn ich meine Einzigartigkeit erkenne und auslebe. Wenn ich mich so akzeptieren und lieben kann wie ich bin. Mit all meinen Schatten (Fehlern, Macken) und all meinen besonderen Fähigkeiten (Stärken, Talente).
#2: Wenn ich etwas tue, für das ich eine hohe Begeisterung (Interesse habe)
Wenn ich mehr von den Dingen tue, die mich interessieren und mich begeistern. Wenn ich mehr von dem tue, was mein Herz ansprichst. Und wenn ich mich entwickeln, verbessern und Neues lernen kann. Auch das fördert mein Glücksgefühl.
#3: Wenn ich das tue, was für mich bedeutungsvoll erscheint (eine hohe Sinnhaftigkeit hat)
Wenn ich weiß, wohin sich mein Leben entwickeln soll. Wenn das was ich tue, was für mich einen klaren Sinn und eine hohe Bedeutung hat. Mir das Gefühl von Erfüllung und Sinn gibt.
#4: Wenn ich die Dinge tue, für die ich ein besonderes Talent habe
Wenn ich das tue, was ich besonders gut kann. Wenn ich meine Stärken und besonderen Talente ausleben kann. Das kreiert nicht nur tolle Resultate sondern auch ein tolles Gefühl. Wählen Sie in der Arbeit und im Privatleben mehr die Dinge aus, die Sie besonders gut können und tun Sie mehr davon.
#5: Wenn das „Spielen“ wichtiger ist als das „Resultat“
Wenn ich erkenne, dass das, WAS ich tue das Interessante (Motivierende / Inspirierende) ist und nicht so sehr das Resultat von dem was ich tue. Denn dass „Spiel des Lebens“ kann letztendlich keiner gewinnen. Wir können es immer nur „spielen“.
„Wenn ich die Mundwinkel nach oben ziehe, ist das ganz schlecht für meine Depression.“ Charles M. Schulz (Erfinder von Charlie Brown Cartoon)
Das Glücksgefühl direkt aktivieren
Natürlich gibt es auch ein paar Dinge die jeder von uns auch sehr aktiv und direkt tun kann, die eine sehr positive Auswirkung auf unser Glücksgefühl haben. Hier drei einfach umsetzbare „Glücksbeschleuniger“:
1) Achtsamkeit
Die Übung ist hier, Momente in meinem ganz normalen Tag wieder bewusster zu entdecken (wahrzunehmen), in denen Glück möglicherweise verborgen liegt. Also sich mehr darauf zu fokussieren, was an ganz einfachen, normalen täglichen Erlebnis schön, angenehm, positiv, hilfreich etc. ist.
Das können sehr einfache Dinge und Erlebnisse des täglichen Lebens sein, wie z.B. ein schönes Gespräch, ein schöner Sonnenuntergang, eine sichere Autofahrt, ein schönes Abendessen, ein Spaziergang etc.
Denn es ist in der Tat so, selbst bei vielen einfachen und alltäglichen Dingen, entstehen immer wieder auch sehr angenehme Gefühle, die wir aber in der Regel nur dann auch wahrnehmen, wenn wir uns darauf bewusster einlassen. Denn jeder Augenblick, jede einfache Sache, Situation, Erlebnis, kann immer auch etwas sehr „glücksförderndes“ in sich tragen.
Genau hier hilft Achtsamkeit. Bewusster das, was ich gerade im Hier und Jetzt tue und erlebe, wahrzunehmen.
2) Dankbarkeit
Sie ist für mich eine der einfachsten und besten Wege, um sich schneller glücklicher und wohler zu fühlen. Wenn wir bewusst werden, für was wir in unserem Leben alles dankbar sein können (z.B mit Hilfe des Erfolgs- & Dankbarkeitsjournal), dann hat dies immer eine positive Auswirkung auf unser Glücksempfinden.
Denn es ist in der Tat so, wir alle können für sehr viele Dinge in unserem Leben dankbar sein. Dankbar für ganz bestimmte Momente, Situationen, Erlebnisse, Erfahrungen, Beziehungen, Erfolge, Lernerfahrungen und bestimmten Menschen in unserem Leben. Und der Fokus auf diese Dinge tut in der Tat des eigene „Glücksgefühl“ fördern.
Ich bin unter anderem so dankbar dafür, dass ich in Deutschland leben und arbeiten kann. Das wurde mir noch bewusster als ich vor ein paar Wochen einen Film über Männer in der Wüste in Äthiopien sah, die dort Salz abbauten.
In dieser Wüste herrscht am Tag eine Durchschnittstemperatur von 46 Grad Celsius. Die Arbeiter laufen jeden Tag ca. 2,5 Stunden zu Fuss zu ihrer Arbeitsstelle in der Wüste und dann am Ende vom Arbeitstag wieder 2,5 Stunden zurück.
Dann arbeiten sie dort in der Wüste 10-12 Stunden pro Tag. Dafür erhalten sie 2 Euro am Tag. Dort wo sie arbeiten, sie hacken das Salz aus dem Boden, gibt es keinen Schatten, kein Wasser, keine Kantine. Nichts! Es gibt nur Salz und die Wüste. Sie hacken das Salz in etwa 1kg schwere Stücke, die dann später verkauft werden. Und jetzt kommt es. Die Menschen die dort arbeiten sagen, das sie sehr glücklich sind dort arbeiten zu dürfen.
Wenn ich so etwas sehe, dann bin ich von ganzem Herzen froh und dankbar, das ich hier in Deutschland lebe.
3) Die drei Zeithorizonte
Es ist immer wieder erstaunlich, wie hilfreich die richtige Nutzung der drei Zeithorizonte für das eigene Gefühl des Wohlbefindens sein kann.
- Die Zukunft: Sie hilft uns, um Vorfreude, Motivation und Inspiration für unser Leben und Ziele zu kreieren. Also nutze ich es. Wenn ich meine Ziele jeden Morgen mental visualisiere, kreiere ich dadurch automatisch Vorfreude.
- Die Vergangenheit: Sie hilft uns, mehr Vertrauen und Sicherheit zu kreieren, in dem wir uns bewusst werden, welche tollen Erfolge wir schon gehabt haben und welche tollen Fähigkeiten und Erfahrungen wir besitzen. Deshalb schreibe ich sehr bewusst am Ende vom Tag meine Erfolge und Fortschritte auf (ich nutze hierfür das Erfolgs- & Dankbarkeitsjournal).
- Die Gegenwart: Sie hilft uns, ein positives und dynamisches Gefühl für das Jetzt und Hier zu entwickeln. Hier ist für mich Achtsamkeit (siehe oben) sehr wichtig und das ich sehr fokussiert die wenigen wichtigen Dinge tue (EKA und 4-Fokus-Perioden), die mir helfen meine wichtigen Ziele zu realisieren. Auf diese Weise erlebe ich die Gegenwart als etwas ehr positives und hilfreiches.
Glücklichsein ist lernbar und lohnt sich
Ich denke es lohn sich mit dem Thema Glücklich sein sich beschäftigen. Es ist aber eher ein indirekter Prozess. Ich denke, wenn wir auf das Sinnbild mit der Katze zurückkommen, dass Glück nicht erzwungen werden kann und daher auch nicht erzwungen werden sollte. Wir sollten Glück nicht jagen und versuchen es einzufangen zu wollen. Wir sollten vielmehr mehr von den Dingen tun, die bei uns das Gefühl von glücklich sein automatisch aktivieren.
Was macht Sie glücklich?